Wie funktioniert eine Langzeitbelichtung?
Langzeitbelichtungen sind eine spannende Sache. Manchmal ist es schlicht und einfach ein notwendiges Übel, auf das man gerne verzichten könnte. Zum Beispiel, wenn man bei schummrigem Umgebungslicht versucht ein Foto zu machen. Da hörst du die Fotografen reihenweise schimpfen und fluchen.
Man kann eine lange Belichtungszeit aber auch sehr gezielt und kreativ einsetzen. Lightpaintings etwa wären ohne sekundenlange Verschlusszeiten kaum möglich. Oder wenn wir etwas/jemanden in Aktion fotografieren und unserem Bild etwas Dynamik verleihen wollen, anstatt die Bewegung einfach einzufrieren.
Womit wir schon einen ersten wichtigen Punkt gestreift haben. Eine “lange” Belichtung ist ein dehnbarer Begriff. Beim Hunderennen kann eine 1/500 Sekunde schon ziemlich lang sein, während es bei einem dahinplätschernden Gewässer kaum der Rede wert sein dürfte.
Ich mag ja Langzeitbelichtungen am Wasser. Die Fotos, die dabei entstehen, faszinieren mich. Vielleicht liegt es einfach daran, dass man das in der Realität so nie sehen wird. Ich kann dir wirklich nur raten das mal auszuprobieren.
Wie das Ganze (nicht nur am Wasser) funktioniert, erkläre ich in den nächsten Abschnitten. Ich werde das relativ zügig durchgehen und nicht jedes technische Detail erklären. Dafür verlinke ich passende Artikel und natürlich kannst du Fragen am Ende in die Kommentare schreiben.
Inhaltsverzeichnis
Welche Ausrüstung brauche ich für Langzeitbelichtungen?
In der Einleitung hatte ich es bereits kurz erwähnt: Lange Belichtungszeiten führen unter Umständen zu Wutanfällen und Verzweiflung. In der Regel kannst du nämlich nicht mehr aus der Hand fotografieren, sondern musst deine Kamera irgendwie abstützen. Je nach Belichtungszeit kann da schon ein Geländer, eine Hauswand oder ein Bohnensäckchen vollkommen ausreichen. Deutlich flexibler bist du allerdings mit einem Stativ.
Zum Thema Stativ und Stativkopf hatte ich vor einiger Zeit schon Beiträge geschrieben. Ich persönlich nutze immer noch mein Feisol Stativ und den Getriebeneiger.
Ganz wichtig, denn ohne geht’s in den allermeisten Fällen einfach nicht, sind Graufilter. Der Link führt dich zum passenden Artikel von mir. Manchmal genügt auch schon ein Polfilter. Ganz ohne wird es aber nur nach Sonnenuntergang gehen.
Kamera und Objektiv hast du wahrscheinlich schon und mehr brauchst du auch erstmal nicht.
Wie läuft so eine Langzeitbelichtung ab?
Genug Vorgeplänkel, so gehe ich bei Langzeitbelichtungen vor:
Zuerst ein paar generelle Einstellungen: Kameramodus auf “M” und den Autofokus abschalten, wenn du ein Graufilter benutzt. Selbst die schwächeren Filter bringen Autofokus und Belichtungsmessung der Kamera ordentlich durcheinander. Da komme ich schneller zu einem vernünftigen Ergebnis, wenn ich das selbst mache. Bildstabilisator auch aus, wenn du die Kamera irgendwo abgelegt hast (Stativ oder so).
Spiegelvorauslösung aktivieren, wenn deine Kamera die Funktion hat (fehlt bei kleineren Modellen öfters mal). Alternativ kannst du auch einfach Live-View anschalten bevor du auslöst. Dann klappt der Spiegel nämlich auch vorher hoch.
Ein Fernauslöser ist auch nicht verkehrt. Dann rüttelt man beim Auslösen nicht unnötig an der Kamera rum. Als Alternative tut es aber auch der zwei Sekunden Timer der Kamera. Die Zeit reicht locker, um die Finger wegzunehmen. Funktioniert leider nicht, wenn du den Bulb-Modus verwendest, um länger als 30 Sekunden zu belichten.
Jetzt wird’s Zeit den Bildausschnitt festzulegen. Mein Tipp wäre die Kamera dafür vom Stativ zu nehmen und auch das Graufilter noch nicht auf’s Objektiv zu schrauben. Das dunkelt eben auch den Sucher ordentlich ab und je nach Stärke siehst du dann nicht mehr wirklich was.
Hast du eine Position gefunden, stellst du dein Stativ passend auf und montierst die Kamera. Bevor du das Filter montierst, stell’ noch Blende, ISO und Verschlusszeit so ein, dass du ohne Filter ein korrekt belichtetes Bild bekommst. So wird es deutlich einfacher die richtigen Einstellungen mit Graufilter zu finden.
ISO natürlich so niedrig wie’s geht. Wir wollen ja lange belichten. Deshalb auch die Blende ordentlich zu machen. Nicht zu weit, wegen der Beugungsunschärfen.
Jetzt Filter drauf und die Belichtungszeit entsprechend der Stärke des Filters verlängern. Das geht am einfachsten anhand der Blenden, die das Filter schluckt. Wie du aus den Stärkeangaben schlau wirst, habe ich im Artikel zu Graufiltern auch erklärt.
Warum sind die Blenden am einfachsten?
In der Regel veränderst du die Belichtungszeit in Drittelstufen (lässt sich manchmal auch umstellen auf halbe Stufen) über ein Rädchen an der Kamera. Das rastet bei jedem Wert ein. Du merkst beim Drehen also sowas wie einen Klick. Drei Klicks sind eine Blende. Um ein Filter, das drei Blenden schluckt, auszugleichen, musst du also dreimal drei Klicks drehen.
Ganz einfach, oder?
Ein Hinweis: Es kann immer sein, dass ein Filter etwas mehr oder etwas weniger abdunkelt, als angegeben. Dazu musst du nur die Fotos mit und ohne Filter vergleichen. Lass dir einfach das Histogramm an des Fotos an der Kamera anzeigen.
Identisch werden die Histogramme nicht sein. Je nach Filter werden die etwas flacher oder spitzer. Wenn es deutlich nach rechts beziehungsweise links wandert, dann hast du eine Abweichung in der Helligkeit. Korrigier also die Belichtungszeit bis es passt.
Den richtigen Wert für die Abdunklung des Filters kannst du dir merken oder einfach auf die Hülle draufschreiben.
Jetzt kannst du eigentlich schon dein Foto machen.
Ich möchte dir aber noch drei Tipps mit auf den Weg geben.
Drei Tipps für Langzeitbelichtungen
Wenn du besonders lange belichtest und/oder die Sonne im Rücken hast, sodass viel Licht auf das Okular des Suchers fällt, solltest du das abdecken. Dieses Streulicht gelangt in die Kamera, schwirrt dort rum und landet irgendwann auf dem Sensor, was das Bild unscharf werden lässt. Bei Canon ist eine passende Abdeckung am Kameragurt. Allerdings musst du dafür das “Polster” vom Sucher abnehmen.
Du kannst auch mit Filter über Live-View fokussieren. Selbst wenn das Bild ziemlich dunkel erscheint, suchst du dir eine Kante und stellst darauf scharf. Oft geht das sogar noch mit dem Autofokus (aber nur im Live-View!). Eventuell musst du die “Belichtungssimulation” für Live-View abschalten.
Hast du einmal Zeit, Blende und ISO festgelegt musst du auch nicht nach jedem Foto das Filter runternehmen, so lange sich die Lichtverhältnisse nicht sehr deutlich ändern (Sonnenfinternis oder so) oder du ganz wo anders hingehst. Mit ein, zwei Testaufnahmen kannst du die kleinen Unterschiede schnell erkennen und ausgleichen. Falls du besonders lange Belichtungszeiten nutzt, gibt es einen Trick: Dreh für diese Testfotos einfach die ISO mal ordentlich hoch und verkürz die Zeit entsprechend (auch das geht am einfachsten, wenn du die Klicks beim Verstellen zählst). So musst du nicht so lange auf dein Textbild warten. Für das “richtige” Foto natürlich wieder zurückdrehen.
Welche Motive eignen sich für lange Belichtungszeiten?
Am Anfang hab ich’s schon gesagt, ich nutze das am liebsten am Wasser. Völlig egal ob Meer, Fluss, Bach oder Rinnsal. Jedes Gewässer hat so seine Eigenheiten und liefert einzigartige Motive.
Ähnlich spannend finde ich es auch bei Wolken, deren Bewegung du mit bloßem Auge eigentlich selten wahrnimmst. Dann gibt es natürlich noch Lichtmalereien, Startrails, Leuchtspuren von Autos oder Plätze, die du menschenleer zaubern kannst.
Das alles hier im Detail zu erklären wäre etwas zu viel. Aber der Ablauf ist immer so wie ich es beschrieben habe. Nur die Belichtungsparamter verändern sich etwas. Probier’s einfach mal aus.
Wenn du Fragen, Ideen oder sonst etwas loswerden willst, dann schreib’s mir einfach als Kommentar hier drunter. Ich freu mich drauf und helfe dir gerne weiter.
Ich bin in der Fotografie erst seit Kurzem unterwegs, finde aber immer mehr Gefallen daran. Sehr viele interessante Tipps finde ich in diesem Portal. Die Schreibweise ist verständlich, die Struktur der Internetseite ist für mich sehr klar definiert und vor allem macht es Spaß, das Gelernte gleich auszuprobieren. Danke
Das freut mich sehr, vielen Dank!