Av, Tv, M und Co. – Wofür ist welcher Kamera Modus?

DSLR Kameras kommen mit einer Vielzahl Modi oder Programmen daher, was einen anfangs durchaus etwas überfordern kann. In der Anleitung wird zwar erklärt, was welches Programm tut, aber nicht, wann es sinnvoll sein kann, dieses oder jenes Programm zu wählen. Ich beziehe mich hier vor allem auf Kameras von Canon, weil ich die eben nutze. Generell funktioniert das aber bei allen anderen Herstellern ähnlich. Nur die Bezeichnung und wo der jeweilige Modus im Menü der Kamera zu finden ist, varriert etwas.

Die vollautomatischen Modi der Kamera

Die ganzen Vollautomatiken, wie Sport, Landschaft, Portrait und so weiter sind in der Regel noch selbsterklärend. Bei älteren Modellen konnte man die meist über das Moduswahlrad direkt auswählen, wo sie mit einem (mehr oder weniger) selbsterklärenden Icon gekennzeichnet waren.

Bei den neueren Modellen findet man diese Automatiken (bei Canon) unter dem Kürzel SCN für Szenen-Mouds, bei Nikon heißt es “SCENE”. Hier muss ich der Kamera per Einstellung nur noch sagen, was ich gerade fotografieren will. Den Rest erledigt in diesem Modus die Automatik.

Für Anfänger ist das eigentlich ganz nett und wer einfach nur ein paar Fotos machen will, der braucht auch nicht mehr. Wer einen etwas höheren Anspruch hat, sollte nicht zu viel Zeit mit diesen Modi verbringen.

Auch wenn sie schön erklären was sie tun, erfährt man nicht wie die Kamera das umsetzt. Aus den Daten der fertigen Bilder kann man es zum Teil ablesen. Dafür muss man aber schon über etwas mehr Wissen in Sachen Fotografie und Kamera verfügen. Kürzen wir das ab und schauen uns mal ein paar gängige Kameramodi an und ich erkläre kurz was die Kamera hier tut, um ein möglichst gutes Ergebnis zu erhalten. So bist du nicht mehr darauf angewiesen, dass die Automatik versteht was du erreichen willst, sondern kannst es einfach selbst einstellen. Dafür gibt es nämlich auch einen Modus. Eigentlich sogar mehrere, dazu aber weiter unten im Text.

Portrait Modus

Die Kamera wählt eine möglichst offene Blende (also einen kleinen Wert). Das Sorgt dafür, dass der Hintergrund unscharf dargestellt wird. Oft spricht man hier auch davon, dass die Person freigestellt wird. Die Belichtungszeit wählt die Automatik eigentlich immer abhängig vom Objektiv, dass nichts verwackelt. Ein guter Richtwert ist 1/Brennweite (sprich Eins geteilt durch Brennweite). Bei einem 50mm Objektiv wäre also die längste Verschlusszeit um nicht zu verwackeln 1/50 Sekunde.

Besonders beachtet werden hier meistens auch die Rot- und Gelbtöne im Bild. Daraus besteht nämlich die Haut. Zu viel rot und der Mensch sieht aus als hätte er Sonnenbrand. Zu viel Gelb wirkt ziemlich ungesund. Auch die Schärfung des fertigen Bildes und der Kontrast werden nicht zu extrem. Das sind aber alles Einstellungen die das fertige Bild im JPG Format betreffen. Wird Raw fotografiert (was in den Vollautomatiken nicht möglich ist) werden diese Einstellungen später am Computer gemacht. Brennweite, Belichtungszeit, Blende und ISO können dagegen nicht nachträglich verändert werden.

Sport Modus

Die Kamera sorgt für möglichst kurze Belichtungszeiten damit Bewegungen eingefroren werden, indem sie die Blende öffnet und/oder den ISO Wert hochfährt. Außerdem wird der Serienbildmodus aktiviert. Das heißt so lange der Auslöser gedrückt ist, schießt die Kamera ein Foto nach dem anderen. Dazu wird der Autofokus auf Verfolgung gestellt.Der Fokus wird nicht auf einen Punkt scharfgestellt und verändert sich danach nicht mehr, sondern die Kamera versucht den ausgewählten Bereich immer scharf darzustellen. Gerade bei Einsteigerkameras und Objektiven ist das nicht immer ideal, weil das verbaute Autofokussystem nicht immer so leistungsfähig ist, um so eine Nachführung vernünftig umzusetzen.

Farben und Kontraste bleiben hier relativ neutral.

Landschafts Modus

Hier schließt die Kamera die Blende relativ weit, um möglichst alles im Bild scharf abbilden zu können. Die Belichtungszeit bleibt natürlich innerhalb der Faustregel 1/Brennweite. Besonders Grün- und Blautöne werden gesättigter dargestellt.

Inzwischen gibt es noch viele weitere Modi für Essen, Kinder, Gruppen, Kerzenlicht und weiß ich nicht alles. Ich bin kein Fan von diesen Automatiken, denn hier bist du am Ende immer darauf angewiesen, dass die Kamera schlau genug ist und weiß, was du dir vorgestellt hast.

Ersetz doch mal eine der Automatiken, die ich hier vorgestellt habe, durch den manuellen Modus oder eine Halbautomatik (dazu gleich mehr). Wo du die ganzen anderen Dinge einstellen kannst, erfährst du in deinem Kamerahandbuch.

Programmautomatik – der P-Modus

Die Programmautomatik ist ein bisschen ein Sonderfall, weil sie etwas anders funktioniert als die Halbautomatiken und auch anders als die Motivprogramme. Im Modus P versucht die Kamera genau zwei Dinge zu erreichen: Ein scharfes Bild machen. Ein korrekt belichtetes Bild machen.

Auch wenn nach wie vor Blende, Verschlusszeit und ISO von der Kamera automatisch eingestellt werden (können), hast du mit P einiges mehr an Freiheiten. Zunächst kannst du die ISO-Automatik (jedenfalls bei Canon Kameras) deaktivieren und einen festen Wert vergeben. Dazu hast du die volle Kontrolle über Art des Autofokus, Weißabgleich, Bildstil (wieder nur relevant wenn du JPG fotografierst) und so weiter.

Außerdem kannst du die Werte für Blende und Zeit, die die Kamera vorschlägt “shiften”. Das heißt du verschiebst Blende und Verschlusszeit so, dass entweder die Blende weiter geschlossen wird und die Belichtungszeit sich dabei entsprechend verlängert oder du gehst in Richtung einer kürzeren Zeit mit einer weiter geöffneten Blende.

Du hast hier also schon die Möglichkeit bewusst zu entscheiden.

Av und TV Modus – Die Halbautomatiken der Kamera

Mit den Halbautomatiken hast du sämtliche Möglichkeiten, die du mit P auch hast. Zusätzlich kannst du Blende oder Verschlusszeit fest vorgeben.

Kamera Modus A oder Av (Zeitautomatik oder Blendenvorwahl)

Wie der Name schon sagt wird hier die Blende manuell eingestellt und die Zeit von der Kamera ermittelt. Das ist immer dann sinnvoll, wenn ich volle Kontrolle über meinen Schärfebereich brauche.

A steht hier übrigens für “Aperture” (engl. für “Blende”) und Av für “Aperture Value” (also Blendenwert).

Will ich beispielsweise ein Portrait fotografieren, versucht man meistens zwar die Person scharf abzubilden, den Hintergrund, eventuell auch Teile des Gesichts, aber in Unschärfe verschwimmen zu lassen. Die Belichtungszeit spielt hier nur eine untergeordnete Rolle. Zu lang darf sie natürlich nicht werden, damit das Bild nicht verwackelt.

Landschaftsaufnahme im Kamera Modus Av
1/30 Sekunde bei f/16 und ISO 100

Bei Landschaftsaufnahmen wählt man meist eine kleine Blende um das gesamte Motiv scharf abzubilden, hier eignet sich die Blendenvorwahl ebenfalls gut. Auch wenn du kein Stativ benutzt, hast du bei der Belichtungszeit viel Spielraum, da du wahrscheinlich ein Weitwinkelobjektiv benutzt.

Ein weiterer Fall, bei dem ich gerne die Blendenvorwahl benutze, ist bei actionreichen Aufnahmen, bei denen ich die Bewegung möglichst einfrieren möchte. Klingt erstmal komisch, denn eigentlich kommt es mir ja auf die Verschlusszeit an.

Der Punkt ist, ich wähle einfach die kleinste Blende, die mir noch einen ausreichend großen Schärfebereich liefert und/oder bei der die Abbildungsleistung gut genug ist. Folglich stellt die Kamera immer die kürzest mögliche Zeit ein, bei der ich noch ein korrekt belichtetes Foto bekomme.

Kamera Modus T/Tv/S – Blendenautomatik oder Zeitvorwahl

Dementsprechend das Gegenteil zur Blendenvorwahl. Hier stelle ich eine feste Zeit ein und die Kamera sucht mir die passende Blende raus.

Die Kürzel bedeuten “S” für “Shutter” (engl. Verschluss), “T” für “Time” also Zeit und “Tv”, du ahnst es vielleicht (nein, nicht Television), für “Time Value”.

Ehrlich gesagt benutze ich dieses Programm so gut wie gar nicht.

Sinnvoll ist es für mich vor allem, wenn ich eine Bewegung nicht völlig einfrieren, sondern etwas Bewegungsunschärfe im Bild haben möchte. Hier muss ich natürlich vorher erstmal ein wenig ausprobieren, welche Verschlusszeit mir das gewünschte Ergebnis liefert.

Bei Actionaufnahmen kann das sehr nützlich sein, wenn du zum Beispiel einen “Mitzieher” machen willst. Du bewegst die Kamera so, dass dein Motiv möglichst an der gleichen Stelle im Sucher bleibt. Dadurch verschwimmt der Hintergrund, während dein Motiv scharf bleibt. Diese Technik ist zugegeben nicht ganz einfach und erfordert etwas Übung.

Ansonsten nutze ich in der Regel, auch bei Aufnahem wo es auf die Belichtungszeit ankommt (etwa bei Langzeitbelichtungen), M oder Av.

Feste Belichtungszeit mit Tv Modus der Kamera
6 Sekunden bei f/4 und ISO 100 mit Graufilter 1000x

Aber auch bei einer längeren Belichtung, um beispielsweise Wasser verschwimmen zu lassen, ist diese Einstellung recht hilfreich.

Der manuelle Modus (M) der Kamera

Im Modus “M” hast du die volle Kontrolle über die Kamera. Es gibt keine Automatik mehr, die irgendwo reinpfuschen kann. Gleichzeitig bist du aber auch selbst dafür verwantwortlich alles so einzustellen, dass kein Mist dabei rauskommt.

Auch wenn die Automatiken jetzt komplett aus sind, funktioniert die Belichtungsmessung natürlich noch. Für gewöhnlich siehst du im Sucher und auf dem Display die Belichtungswaage, die zeigt ob das Bild bei den aktuellen Einstellungen korrekt belichtet oder zu hell beziehungsweise zu dunkel wird.

Achtung: Wie in den automatischen Modi ist die Messung der Kamera auch hier nicht unbedingt ganz korrekt. Die Kamera versucht nämlich bei der Belichtung im Durchschnitt auf einen bestimmten Grauwert zu kommen (18 Prozent Grau). Gerade wenn du weiße oder schwarze Dinge fotografierst, wirst du merken, dass die dunklen zu hell und die hellen zu dunkel werden.

Im manuellen Modus musst du dann dafür sorgen, dass die Belichtungswaage etwas im Plus oder Minus ist. In den automatischen Modi regelst du das mit der Belichtungskorrektur und sagst der Kamera im Vorfeld, dass sie etwas heller oder dunkler als 18 Prozent Grau belichten soll.

Sonderfall ISO Automatik

Bedenke, dass bei allen manuellen und halbautomatischen Programm die Empfindlichkeit des Sensors in der Regel extra geregelt wird. Das heißt du kannst hier immer einen fixen ISO-Wert einstellen oder die Empfindlichkeit auf automatisch setzen. Diese Einstellung ist aber von den Automatiken unabhängig.

Im Umkehrschluss heißt das, du kannst auch im manuellen Modus eine Automatik für korrekt belichtete Bilder einstellen, indem du der Kamera die Regelung des ISO-Werts überlässt. Wenn du also eine feste Zeit und eine feste Blende haben willst, ohne auf die Annehmlichkeiten der Automatik zu verzichten, dann ist das eine Option für dich.

In der Praxis kommt der Fall aber nicht so häufig vor, dass man das wirklich braucht.

Der Bulb Modus (B)

Im Grunde handelt es sich hierbei auch um einen komplett manuellen Modus. Bulb ist sogar noch etwas manueller als M. Im Bulb-Modus belichtet die Kamera nämlich so lange, wie du den Auslöser gedrückt hälst. Das ist immer dann nützlich, wenn du länger als 30 Sekunden belichten möchtest. Denn das ist normalerweise der maximale Wert, den die Kamera einstellen lässt.

Hilfreich ist das beispielsweise, wenn man eine Wasseroberfläche richtig glatt bekommen oder sich bewegende Menschen aus dem Bild entfernen will. Auch in der Astro-Fotografie wird durchaus mal länger belichtet. Allerdings sind das alles sehr spezielle Anwendungsgebiete, die ich hier jetzt nicht alle im Detail erklären kann, das würde den Rahmen etwas sprengen.

Übrigens findest du nicht an jeder Kamera einen extra B-Modus auf dem Modus-Wahlrad. Hier kommst du zum Bulb, wenn du die Belichtungszeit im manuellen Modus über 30 Sekunden hinaus drehst.