Wie entsteht eigentlich Schärfentiefe?
Was macht die Fotografie eigentlich so spannend? Wo liegt der Reiz? Ich glaube ein Teil davon ist die Unschärfe, die durch die Schärfentiefe entsteht. Hast du mal versucht Unschärfe anzuschauen? Mit bloßem Auge?
So richtig gut geht das nicht. Sobald wir etwas ansehen, stellt das Auge automatisch darauf scharf. Klar, man kann etwas tricksen, aber so richtig klappt’s halt nicht.
Beim Fotografieren bekommen wir es unweigerlich mit Unschärfe zu tun, weil der Schärfebereich begrenzt ist. Bevor es richtig los geht, klären wir die wichtigste Frage zuerst:
Heißt es eigentlich Tiefenschärfe oder Schärfentiefe?
Ganz ehrlich? Ich hab’s vergessen.
Und weißt du was das Beste ist? Es ist auch völlig egal. Wir wissen ja alle was gemeint ist. Aber um die Korinthenkacker zufrieden zu stellen, nutze ich normalerweise den Begriff “Schärfebereich”. Damit fährt man ganz gut und kommt um leidige Diskussionen zur Terminologie herum. Aber zum Thema:
Inhaltsverzeichnis
Wovon ist die Schärfentiefe abhängig?
Schuld ist, mal wieder, die Physik. Keine Panik, ich bin eine absolute Null in Mathe, da braucht mir mit Physik keiner kommen. Also keine Panik, es wird nicht kompliziert. Wir fangen ganz einfach an.
Folgende Faktoren beeinflussen den Schärfebereich unserer Fotos:
Blende
Das ist simpel. Je stärker du abblendest, desto größer wird der Schärfebereich. Warum das so ist, wirst du verstehen, wenn du den unteren Teil gelesen hast.
Gleichzeitig verlierst du aber Licht und musst zum Ausgleich die Verschlusszeit und/oder die ISO erhöhen. Dazu kommt die Beugung, die dafür sorgt, dass bei zu starkem Abblenden die Bildqualität insgesamt leidet.
Die Blende einfach bis Anschlag schließen, ist also nicht zu empfehlen. Übrigens, wie du die ideale Blende (also einen guten Kompromiss aus Schärfentiefe und Bildqualität) findest, hab’ ich im Artikel zu Kameraeinstellungen für Makrofotos erklärt. Gilt natürlich auch für alle anderen Motive 😉
Abbildungsmaßstab
Je größer der Abbildungsmaßstab, desto kleiner wird der Schärfebereich. Wenn du also näher an dein Motiv rangehst und ansonsten nichts an Einstellungen oder Brennweite veränderst, wird die Schärfentiefe geringer.
Mit der Brennweite hat das übrigens nichts zu tun. Klar, wenn du beispielsweise ranzoomst ohne dich vom Fleck zu bewegen, bist du näher dran. Somit hast du einen größeren Abbildungsmaßstab, also einen kleineren Schärfebereich.
Es macht aber keinen Unterschied, wenn der Bildausschnitt gleich bleibt. Wenn du also die längere Brennweite durch einen größeren Abstand zum Motiv ausgleichst, bleibt der Schärfebereich gleich. Die weit verbreitete Meinung, dass lange Brennweiten besser freistellen, ist also nur sehr bedingt richtig.
Größe des Sensors
Je größer der Sensor, desto kleiner fällt der Schärfebereich aus. Die Sensorgröße beeinflusst übrigens indirekt auch den Abbildungsmaßstab. Denn um mit einer Vollformatkamera den gleichen Bildausschnitt hinzubekommen, wie mit APS-C, muss ich natürlich näher ran. Dadurch wird der Abbildungsmaßstab größer und der Schärfebereich geringer. Das ist übrigens auch der Grund warum ich lieber einen APS-C Sensor für Makroaufnahmen verwende.
Ganz wichtig: Der Abbildungsmaßstab ändert sich durch unterschiedliche Sensorgrößen nicht, wenn die Kamera ihre Position beibehält!
Jetzt weißt du, wie du den Schärfebereich deines Fotos beeinflussen kannst.
Reicht dir das als Antwort? Dann darfst du hier gerne aufhören zu lesen.
Wenn du noch wissen willst WARUM das so ist, dann geht’s jetzt weiter.
Wie entsteht Schärfentiefe?
Wie das Sehen generell funktioniert weißt du, oder? Licht kommt von der Sonne, fällt auf ein Objekt und wird von dort reflektiert. Das reflektierte Licht fällt durch unser Auge auf die Netzhaut und wir sehen etwas. Beim Fotografieren ist das im Grunde genauso.
Wenn du ein Foto machst, stellst du auf einen bestimmten Punkt scharf. Entweder fokussierst du von Hand oder nutzt den Autofokus der Kamera. Auf jeden Fall liegt dein Fokus auf einer bestimmten Stelle, die, sagen wir mal, 40 Zentimeter vom Sensor der Kamera entfernt ist.
Die Grafik oben zeigt vereinfacht was passiert. Auf der Motivebene (gepunktete Linie links) liegt der Fokus. Das ist die Stelle, auf die du scharf gestellt hast. Der grau-gelbe Bereich zeigt den Lichtstrahl (oder besser das Lichtbündel) eines fokussierten Punktes auf dem Weg vom Motiv auf den Sensor deiner Kamera.
Im Grunde sind das zwei Kegel, die aufeinander sitzen. So lange die Punkte auf der Fokusebene liegen sind sie wirklich scharf. Bei Punkten, die etwas davor (oder dahinter) liegen verschiebt sich das Lichtbündel entsprechend nach vorne (oder halt nach hinten).
Dann landet aber nicht mehr die Spitze auf dem Sensor, sondern der Kegel wird abgeschnitten und wir haben eine Scheibe auf unserem Sensor. Je weiter die Punkte von der fokussierten Ebene entfernt sind, desto größer werden diese Scheiben. Ist auch logisch, denn der Kegel wird nach unten hin immer dicker. Das, was eigentlich ein Punkt sein sollte, ist jetzt plötzlich viel größer auf dem Bild.
So lange diese Scheiben (nennt man auch Zerstreuungskreise) nicht allzu groß werden, sehen sie für unser Auge immer noch scharf aus. Eigentlich sind sie es nicht, aber das menschliche Auge hat keine so hohe Auflösung, um das zu erkennen. Es gibt also einen Toleranzbereich, der für uns scharf aussieht.
Deshalb sagen wir auch, dass unsere Fotos einen Schärfebereich haben. Physikalisch ist das zwar falsch, denn eigentlich ist nur die Fokusebene scharf, aber wir merken’s halt nicht.
Kannst du dir jetzt denken, warum beim Abblenden der Schärfebereich zunimmt?
Durch das Schließen der Blende wird das “Loch” im Objektiv kleiner. Die Grundfläche des Kegels also auch. Er läuft jetzt viel spitzer zu als vorher. Folglich sind die Zerstreuungskreise kleiner und werden eher noch von unserem Auge als scharf akzeptiert.
Gar nicht so kompliziert mit der Schärfentiefe, oder? Wenn noch Fragen dazu hast, schreib sie mir hier drunter in die Kommentare. Dann kann ich das im Artikel noch ergänzen.
Hallo aus Hamburg,
das ist ja wirklich mal gut, einfach und witzig erklärt.
Und ich habe jetzt schon wieder vergessen ob nun Schärfentiefe oder Tiefenschärfe, aber verstanden hab ich es… ?
Hi Claus,
und genau das ist doch die Hauptsache 😉