Weißabgleich nutzen wie ein Profi
Hast du schonmal von kaltem oder warmem Licht gehört?
Nein, das hat nichts damit zu tun ob du dir an der Lichtquelle die Finger verbrennst oder nicht. Bei den Begriffen geht es viel mehr um die Farbe des Lichts.
Machen wir mal ein Beispiel:
Ein ganz besonderes Licht entsteht wenn die Sonne langsam untergeht. Dabei taucht sie alles, Felder, Bäume, Straßen und Häuser in ein goldenes Licht.
Hier spricht man von warmem Licht. Einfach weil wir Farben wie Rot, Orange oder Gelb mit Wärme verbinden. Immerhin hat ein gemütliches Kaminfeuer genau diese Farben.
Diesen Farben entgegengesetzt liegen die Blautöne. Die verbinden wir entsprechend mit Kälte.
Aufgrund dieser Warm-Kalt-Definition hat man sich vermutlich auch auf den Begriff der “Farbtemperatur” festgelegt, wenn es darum geht die Farbe einer Lichtquelle zu beschreiben.
Inhaltsverzeichnis
Was ist eigentlich die Farbtemperatur?
Mit der Farbtemperatur wird ausgedrückt, ob ein Licht eher einen warmen (rötlich, orange, gelb) oder kalten (bläulich) Farbton hat. Ein weißes (also farbloses) Licht wäre neutral.
Jetzt ist das natürlich recht subjektiv ob eine Lichtquelle warm oder kalt oder vielleicht doch neutral ist. Daher gibt’s dafür (natürlich) feste Normen und das alles.
Braucht uns aber erstmal nicht interessieren. Merken kannst du dir vielleicht die Norm für Tageslicht: 5500 Kelvin. Kelvin ist die Einheit der Farbtemperatur.
Was hat die Farbtemperatur mit Fotografie zu tun?
Während unsere Augen (oder besser gesagt unser Gehirn) kleinere Abweichungen in Sachen Farbtemperatur einfach ausgleicht, sind Kameras da weniger clever. Hast du schonmal in einem Raum fotografiert, der von Leuchtstoffröhren beleuchtet wurde?
Da passieren ganz seltsame Dinge mit den Farben. Alles bekommt eine orange Farbtonung. Selbst ein weißes Blatt Papier ist scheinbar gelblich orange.
Moment mal. Weißes Papier? Weiß?
Genau. Jetzt kommen wir zum Weißabgleich.
Natürlich versucht die Kamera mit ihren ganzen Sensoren und Automatiken diesem Phänomen mit den unterschiedlichen Lichtfarben entgegen zu wirken, um ein möglichst natürliches Ergebnis zu bekommen.
Das Problem: Manchmal wollen wir das gar nicht.
Weißabgleich in der Produktfotografie
Nehmen wir mal an du machst Bilder für einen Onlineshop oder du bist Biologe und fotografierst irgendwelche Pflanzen oder Krabbeltiere unter wissenschaftlichen Gesichtspunkten. In beiden Fällen willst du, dass die Farben deines Motivs auf dem Foto genau so aussehen wir in der Realität. Ohne irgendwelche kalten oder warmen Farbeinflüsse von den Lichtquellen.
Du musst also bevor du losfotografierst rauskriegen welche Farbtemperatur das Umgebungslicht hat. Über den Weißabgleich kannst du diesen Wert dann deiner Kamera mitteilen und die Lichtfarbe wird aus dem Foto quasi “rausgerechnet”.
Das Resultat: Die Farben im Bild sind ziemlich genau die, die es auch in der Realität hat.
Manueller Weißabgleich
Beim einstellen des Weißabgleichs an der Kamera wirst du wahrscheinlich folgende Optionen haben:
- Automatischer Weißabgleich: Die Kamera versucht die Farbtemperatur zu “erraten”
- Voreingestellte Lichtquellen (Tageslicht, bewölkt, Blitzlicht, Leuchtstoffröhren, …): Das ist im Grunde ganz nett aber wenn du wirklich neutrale Farben willst nicht zu gebrauchen
- Weißabgleich als Farbtemperatur: Hier kannst du tatsächlich die Farbtemperatur als Zahlenwert festlegen. Hab’ ich noch nie benutzt…
- manueller Weißabgleich
Du kannst es dir sicher denken: Uns interessiert hier der manuelle Weißabgleich.
Dafür fotografierst du zuerst ein Objekt, das eine neutrale Farbe hat (Weiß oder Grau). Am besten möglichst bildfüllend. Im Menü der Kamera (da musst du vielleicht mal ins Handbuch schauen) kannst du für den manuellen Weißabgleich dann dieses Foto als Referenzbild von deiner Speicherkarte auswählen.
Daraus ermittelt die Kamera die Farbtemperatur des Lichts und wendet diese Einstellung auf alle Fotos an, die du anschließend machst. Also nicht vergessen den Weißabgleich wieder umzustellen wenn du an eine andere Location gehst. Gerade wenn du lange im Freien fotografierst, solltest du den Weißabgleich immer mal wieder nachjustieren. Die Farbtemperatur der Sonne verändert sich nämlich je nach Sonnenstand.
Du erinnerst dich an das Beispiel von oben? Licht bei Sonnenuntergang? Alles sehr warm in Gelb und Orangetönen.
Übrigens gibt es ein extra Hilfsmittel für den manuellen Weißabgleich: Die Graukarte. Ich habe so eine biegsame Graukarte mit Autofokusmarkierung drauf. Es gibt aber auch kleinere im Format einer Bankkarte.
Das ist einfach ein Objekt in einer genormten grauen Farbe. Sowas ist besser geeignet als Papier um den Weißabgleich zu setzen. Bei Papier weiß man nie so genau ob es nicht doch eine leichte Tonung hat. Außerdem scheint bei dünnem Papier der Untergrund oft mit durch.
Bei einigen Graukarten sind auch noch eine weiße und eine schwarze Karte (oder Seite, je nach Modell) dabei. Die sind dafür da um bei der Tonwertkorrektur den Schwarz- und Weißpunkt zu setzen. Sie dienen als Referenz für die hellste und dunkelste Stelle im Bild.
Kann man machen, muss man aber nicht.
Für alle, die es mit den Farben ganz genau nehmen gibt es sowas wie den “Color Checker“. Der sieht ein bisschen so aus wie ein seltsamer Wasserfarbkasten mit ganz vielen farbigen Flächen darin.
Den stellst du auf und fotografierst ihn ab. Danach gibst du das Bild an die mitgelieferte Software, die dir dann ein Farbprofil für deine Kamera daraus erstellt. Dann kriegst du wirklich ganz exakte Farbwerte. Wirklich brauchen tun das aber die Wenigsten. Ich hab sowas jedenfalls nicht.
Noch ein ganz wichtiger Hinweis: Egal ob Graukarte oder Color Checker, bewahrt die Dinger unbedingt lichtgeschützt auf. Denn natürlich kann permanenter Lichteinfall die Farben darauf verblassen lassen. Folglich stimmen die Ergebnisse der Korrektur nicht mehr.
Weißabgleich in der Bildbearbeitung
Du kannst den Weißabgleich auch im Nachgang noch verändern. Einzige Voraussetzung: Du musst im Raw-Format fotografieren.
Das Prinzip ist das gleiche: Mit einem Referenzfoto bestimmst du die Farbtemperatur. Üblicherweise ist das Werkzeug dafür eine Pipette. Den Wert überträgst du dann auf die dazugehörigen Bilder.
Fertig. Ganz einfach, oder?
Aufpassen bei kreativen Fotos mit dem Weißabgleich!
Als ich mit dem Fotografieren anfing, habe ich einen großen Fehler mit dem Weißabgleich gemacht. Ich war der Meinung, dass ich den in jedem Foto auf neutral kriegen muss.
Also suchte ich mir, mangels Graukarte, in jedem Bild eine möglichst neutrale Stelle (beispielsweise eine Wolke) und korrigierte das.
Und was hatte ich davon?
Meine Sonnenuntergangsfotos, durchflutet mit wunderschönem, goldenem Licht, waren plötzlich nicht mehr golden, sondern einfach farbneutral.
Verdammt.
Der Weißabgleich ist also nur ein Mittel zum Zweck. Den darfst du also gerne auch kreativ einsetzen und auch in der Nachbearbeitung an den Reglern drehen bis dir das Foto gefällt und so aussieht wie du die Situation in Erinnerung hast.
Womit ich ganz gut fahre, wenn ich draußen fotografiere ist die Einstellung “Tageslicht”. Da ist das Licht über Mittag in etwa neutral (so wie es in der Realität auch ist) und gegen Abend entsprechend wärmer. Trotzdem fotografiere ich in Raw, falls mal was so richtig daneben geht. Und wegen der ganzen anderen Vorteile, die das Format so bringt.
Gar nicht so kompliziert mit dem Weißabgleich, oder? Hast du noch Fragen zum Thema? Schreib sie mir gerne als Kommentar hier drunter.