Die Festbrennweiten Philosophie
Manch einer kann nicht mit, andere wiederum können nicht ohne. Festbrennweiten sind so eine Sache, haben Vorteile und natürlich auch Nachteile.
Das Tolle an ihnen ist zum Beispiel ihre Lichtstärke. Muss ich für eine lichtstarke Linse bei einem Zoomobjektiv ordentlich Geld auf den Tisch legen, bekomme ich eine lichtstärkere Festbrennweite (im entsprechenden Brennweitenbereich) für weniger Geld. Während die Zooms meist bei einer Offenblende von f/2,8 aufhören fangen die Festbrennweiten hier gerade erst an. Dazu kommt, selbst die günstigsten Festbrennweiten liefern eine super Bildqualität.
So flexibel, wie ein Zoom sind sie halt nicht. Wenn ich näher an mein Motiv ran will muss ich entweder laufen oder das Objektiv wechseln. Das kann schon nervig sein. Jetzt stellt euch mal vor, ihr seid unterwegs mit nicht-fotografierenden Menschen… Das kann dann schnell stressig werden, weil ihr dauernd hinterher hetzen müsst oder dem Foto nicht die Zeit einräumen könnt, die es braucht.
Jetzt stelle ich aber mal die These auf, dass alles das, was ich hier als “Nachteil” anführe, überhaupt keiner ist. Jeder, der etwas ernsthafter fotografiert, sollte eine Festbrennweite haben und benutzen.
Der erste Schritt beim Einstieg in die Fotografie ist die Kamera kennen lernen. Blende verstehen, Verschlusszeit verstehen, ISO verstehen. Dann kommt Brennweite verstehen.
Exkurs: Brennweite verstehen
Denn Brennweite heißt nicht einfach nur, dass ich mit “mehr” näher an mein Motiv komme. Die Brennweite bestimmt auch meine Bildwirkung mit. Ganz vereinfacht ausgedrückt verhält sich das folgendermaßen:
Eine lange Brennweite wirkt eher flach, was nicht negativ gemeint ist. Die Objekte in meinem Bild rücken räumlich scheinbar näher zusammen. Linien werden weniger verzerrt. Ich mag das eigentlich ganz gerne.
Eine kürzere Brennweite tut entsprechend das Gegenteil. Das Bild wirkt tiefer, vielleicht sogar tiefer als es eigentlich in Wirklichkeit ist. Linien werden gebogener dargestellt.
Der berüchtigte Cropfaktor ändert an diesen Charakteristika übrigens rein gar nichts! (Denn eigentlich ist der Bildwinkel entscheidend und nicht die Brennweite in Millimetern)
Unterwegs mit der Festbrennweite
Ist man immer mit einem Zoomobjektiv unterwegs nimmt man die Brennweite, mit der man gerade fotografiert, nicht so bewusst wahr. Ständig ist man am Drehen. Wenn ihr aber beispielsweise ein 50mm Objektiv an die Kamera schraubt und damit, und nur damit, loszieht wisst ihr immer, was ihr vorne drauf habt. 50mm halt.
So lernt ihr die Bildwirkung dieser Brennweite kennen, könnt sie euch vorstellen, wisst, was sie mit dem Motiv tut. Und beim nächsten Mal mit Zoomobjektiv geht ihr viel bewusster mit dem Zoom um. Das kommt nicht unbedingt von jetzt auf gleich, das braucht schon etwas Zeit, aber es lohnt sich.
Im besten Fall macht ihr solche Festbrennweiten Streifzüge noch mit etwas im Weitwinkelbereich (30-35mm) und im Telebereich (85-100mm). Bei Kameras unterhalb des Kleinbildformats, also mit Cropfaktor, würde ich mich an der unteren Grenze orientieren, vielleicht die Brennweiten sogar noch etwas kleiner wählen. Wer die nötige Disziplin hat kann dafür auch mit einem Zoomobjektiv losgehen, Festbrennweiten machen aber mehr Spass, finde ich jedenfalls.
Außerdem ist man gezwungen sich viel mehr mit dem, was man fotografieren will, auseinanderzusetzen. Man läuft vor und zurück, nach links und rechts und drumherum. Der Lerneffekt ist viel größer dadurch. Schon eine einzelne Festbrennweiten-Tour hat mir persönlich viel gebracht.
Habt ihr das ein paar Mal gemacht dürft ihr auch wieder zoomen, denn dann wisst ihr auch, was ihr tut.
Das kann natürlich auch parallel laufen, ich will ja kein generelles Zoomverbot aussprechen. Ich selbst habe gerade mit 35mm angefangen und tue mir noch etwas schwer damit, muss ich sagen. Die 50mm habe ich als “einfacher” empfunden. Vielleicht ergeht es euch da ähnlich oder vielleicht auch ganz anders?
Jetzt habe ich so viel über feste Brennweiten geschrieben und es gibt mindestens genau so viele Objektive, die hier in Frage kommen. Deshalb zum Schluss noch eine Empfehlung welche Objektive sich für den Anfang eignen.
- EF 50mm f/1,8 STM für Vollformat- und Cropkameras
- EF-S 24mm f/2,8 STM für Cropkameras als Alternative, wenn ihr generell viel in diesem Bereich fotografiert, checkt die Metadaten eurer Fotos, wenn ihr nicht sicher seid oder die längere Alternative Yonguo 35mm F/2,0
Ich selbst nutze inzwischen lieber 35mm Objektive. Im Einsatz hatte ich das Sigma 35mm f/1,4 Art und das Tamron 35mm f/1,8 VC. Beides tolle Objektive, meine Testberichte findest du hinter dem jeweiligen Link.
Die Objektiv sind beides recht neue Modelle und zudem wirklich günstig zu haben, da kann man echt nicht viel falsch machen. Eine größere und immer wieder aktualisierte Auswahl an Objektiven findet ihr in meinen Guides zu (Ultra-) Weitwinkeln und Teleobjektiven.