Fotos im Netz sind wie Eisberge
Ein lauer Sommerabend. Ich schlendere gemütlich den laubbedeckten Waldweg entlang. Die Sonne blitzt immer wieder durch das Blätterdach des Waldes während sie immer tiefer sinkt. Dann ist er da. Der perfekte Moment. Ich greife zur Kamera, die bisher locker über meiner Schulter hing und schieße ein Foto.
Es ist perfekt.
Das ist doch eine super Geschichte, oder?
Der Traum jedes Fotografen und Fotobegeisterten.
Aber es ist eben was es ist: Eine Geschichte.
Jeden Tag, jede Stunde, sogar jede Minute werden wir, wenn wir es zulassen, mit einer Flut von Fotos bombardiert, die allesamt voll der Hammer sind.
Was wir (und andere) da oft nicht bedenken ist die Arbeit, die hinter so einem “perfekten” Bild steckt. So manche geben das nicht mal zu. Da sieht immer alles ganz leicht aus.
Ist es nicht, glaub mir.
Mal im Ernst: Das, was ich da oben beschrieben habe, passiert selten. Sehr, sehr selten.
In der Realität verbringen wir viel Zeit mit einem Motiv. Machen uns Gedanken. Probieren verschiedene Perspektiven aus, suchen nach den perfekten Einstellungen. Tüffteln möglicherweise an unserem Lichtsetup rum.
Nehmen wir mal dieses Bild hier:
Ok, da sind irgendwelche zusätzlichen Objekte im Bild. Die musste ich mitbringen. Dann sind die beleuchtet, also brauchte ich Blitze dafür. Außerdem ein Stativ damit ich das Ganze arrangieren kann ohne, dass sich der Bildausschnitt jedes Mal ändert.
Es geht aber noch weiter. Die Akkus für die Blitze müssen vorbereitet sein. Dazu die Akkus der Funkauslöser und die Auslöser selbst. Insgesamt hatte ich sieben Aufsteckblitze mit, dazu Fernauslöser und Ersatzakkus.
Das Zeug muss gepackt und zur Location geschleppt werden. Da kann man übrigens nicht mit dem Auto ranfahren. Außerdem sollte das Timing passen. Ein dichtes grünes Blätterdach gibt’s im Sommer. Die Sonne steht am Abend dort oben rechts im Bild. Dazu war es so gar nicht “lau”, sondern eher schwül-heiß. Eine sehr schwitzige Angelegenheit also 😉
Hab ich schon erwähnt, dass Stechmücken von Schweiß angezogen werden?
Zum Glück hatte ich zu dem Zeitpunkt schon etwas Übung was das Platzieren der Lichtkugeln angeht. Gar nicht so einfach, dass es am Ende gut aussieht. Und man die Öffnungen nicht sieht.
So hatte ich nach einer halben Stunde etwa das Bild, das ich wollte, im Kasten und konnte wieder einpacken. In der Galerie kannst du dir daumenkinomäßig meinen Weg zum finalen Bild anschauen:
Und hier wird es langsam Zeit die Brücke zur Überschrift zu schlagen: Fotos, die wir im Netz (oder auch sonst wo) sehen, sind wie Eisberge. Ein Siebtel ragt aus dem Wasser. Um den ganzen Rest, der zum Bild gehört, zu entdecken, müssen wir eintauchen.
Versteh’ mich bitte nicht falsch. Ich will mich nicht beschweren oder um Anerkennung für die ganze Arbeit betteln. Mein Punkt ist ein anderer:
Lass dich von den ganzen tollen Fotos, die dir so begegnen nicht demotivieren. Denn, auch wenn es dir keiner sagt, da steckt (fast) immer ein riesiger Eisberg an Arbeit dahinter.
Hast du dich für ein Foto auch schon mal so richtig verausgabt? Schreib mir die Geschichte (und einen Link zum Bild natürlich) in die Kommentare. Ich freu mich drauf.